Mein kleiner FC-Bayern-Fanblog
Freitag, 14. August 2015
Die Pep-Diskussion – Machtspiele der Medien
nordlicht_fcb | 14. August 15
Da ist etwas, was mich derzeit sehr beschäftigt. Etwas, bei dem ich nicht mehr objektiv sein kann, sondern ganz subjektiv angefressen bin, und auch ein bißchen entsetzt, weil ich vielleicht erstmals erkannt habe, welche Macht die Medien haben, wenn sie sich einig sind und diese Macht ausspielen.

Um es gleich vorweg zu sagen (man wird es eh merken...): Ja, ich bin Pep-Fan. Ich mag ihn als Typ, ich mag seine Art, Fußball spielen zu lassen, und ich mag, wie er über Fußball denkt und spricht. Ich habe in den letzten beiden Jahren die allermeisten Bayern-Spiele live gesehen, überwiegend im Fernsehen, hin und wieder auch im Stadion. Ich habe alle Pressekonferenzen gehört, die ich im Netz auftreiben konnte, und alleine durch das Schauen der Spiele und Peps Erklärungen habe ich mehr über Fußball gelernt als in 40 Jahren zuvor.

Aber das nur am Rande. Aus meiner Sicht hat Pep in den letzten beiden Jahren Großartiges beim FC Bayern geleistet. Er hat die Mannschaft auf dem Zenit des Erfolges übernommen, nach einem Jahr, in dem alles gepaßt hatte, von der Motivation nach dem verlorenen Finale dahoam über die Leistungsfähigkeit der Spieler im besten Alter und Schwächephasen der Gegner (bestes Beispiel Barca: Messi angeschlagen und außer Form, der Trainer krankheitsbedingt gar nicht beim Team) bis hin zu den richtigen Verletzungen zum richtigen Zeitpunkt (Gomez, Kroos).

Daß eine solche Saison nicht einfach zu wiederholen sein würde, war allen halbwegs klar denkenden Menschen, auch den Bayernfans, klar. Dementsprechend sind die ersten beiden Pep-Jahre allgemein als erfolgreich eingestuft worden, auch wenn zum ganz großen Wurf – das Unmögliche eben doch möglich zu machen – beide Male ein Stückchen gefehlt hat. Besonders im zweiten Jahr war dabei aber auch viel Pech im Spiel; so, wie im Triplejahr alles gepaßt hatte, ging nun alles schief, man verlor ein Pokalhalbfinale nach hochüberlegenem Spiel im Elfmeterschießen, und das mit einer Rumpftruppe, die einem fitten Barca im CL-Halbfinale dann einfach nicht genug entgegenzusetzen hatte, da diesmal genau die falschen Verletzungen (allen voran Robben, Ribéry, Alaba, aber auch Martínez, Badstuber, Lahm, Thiago, Schweinsteiger nicht wirklich fit...) zum falschen Zeitpunkt passiert waren. Trotzdem gewann man die Bundesliga nach einer WM inklusive Titel mit großem Vorsprung, und der Tenor war allgemein, daß auch 2014/15 eine gute Saison war.

Dann kam die Sommerpause, Saure-Gurken-Zeit. Und plötzlich beschloß die Presse offenbar, daß es beim FC Bayern doch eigentlich riesige Probleme geben müsse, die man alle an Pep festmachen könne. Und so schrieb man diese Probleme herbei. Ich ahne ja, was Pep falsch gemacht hat: Er hat sich in zwei Jahren den Presseheinis, die sich doch gern mal übertrieben wichtig nehmen, nicht angebiedert. Er hat sich nicht mit Fragen zu seiner Vertragsverlängerung locken lassen. Er ist dabei und auch sonst immer unverbindlich geblieben, immer nett, oft auch witzig (intelligent witzig, was wahrscheinlich nicht jeder Möchtegern-Journalist versteht), aber eben unverbindlich. Er hat auch mehrfach betont, daß Pressearbeit zwar Teil seines Jobs sei, die er aber eher als lästige Pflicht empfinde, daß er seine eigentliche Aufgabe die Arbeit mit der Mannschaft sei. Und er gibt keine exklusiven Einzelinterviews. Das kränkt den einen oder anderen Journalisten vermutlich.

Also machte man Pep zum Thema für das Sommerloch. Zuerst vielleicht nur, um überhaupt etwas zu schreiben zu haben, irgendwann driftete das dann aber immer mehr in ein Pep-Bashing ab. Pep war an allem schuld. Müller wird ausgewechselt? Geht gar nicht! Götze spielt nicht? Geht gar nicht! Götze fühlt sich nicht ausreichend wertgeschätzt? Peps Fehler. Schweinsteiger geht? Peps Fehler. Zu viele Spanier? Peps Schuld, er hat zu viel Einfluß. Der Verein macht die Transfers? Pep verliert an Einfluß, man distanziert sich. Seine Schuld an der Verpflichtung der Spanier bleibt allerdings bestehen. Der Verein verliert seine Identität? Tut er nicht, aber egal: Peps Schuld. Er, der an allem schuld sei, was bei Bayern vermeintlich nicht stimme, solle sich aber gefälligst endlich zum FC Bayern bekennen. So geht das wochenlang. Dann eine denkwürdige PK. Pep sagt, er habe sich noch nicht entschieden, ob er seinen Vertrag verlängern werde, wolle sich vorher ganz sicher sein, wirklich weiterhin der richtige Trainer für den Club zu sein.

Jetzt ist die Presse fast sprachlos: Wie kann er das nach zwei Jahren nicht wissen? Haben Verein und Trainer je wirklich zusammengepaßt? Ist aus der Anfangseuphorie inzwischen ein abgekühlt-distanziertes Arbeitsverhältnis geworden? Was dabei aber wohlweislich keiner zitiert hat, ist der für mich alles entscheidende Satz aus der PK in diesem Zusammenhang, nach meinem Eindruck auch die entscheidende Begründung für sein Zögern: „Ich habe viel gelesen in der letzten Zeit, in den letzten Wochen.“

Ich kenne Pep nicht, was ich hier mache, ist reine Küchenpsychologie aus der Ferne. Aber ich hatte in der ganzen Zeit, die Pep nun schon beim FC Bayern ist, immer das Gefühl, daß er sich beim Verein und in der Stadt sehr wohlfühlt. Er hat das ja auch oft genug explizit gesagt. Deshalb war ich immer optimistisch, daß er seinen Vertrag verlängern würde. Eigentlich bin ich das immer noch oder war es zumindest bis vor ein paar Wochen. Denn warum soll sich das plötzlich total geändert haben? Aber nach meiner Einschätzung bringt Pep dem FCB ungeheuren Respekt entgegen und will tatsächlich – wie er es immer sagt – das Beste für den Verein. Sicherlich auch für sich selbst, wer will das nicht, aber eben auch für den Verein. Und wenn ihm wochen- und monatelang von der Presse vorgehalten wird, daß er dem Verein nicht gut tue, wegen der Spielweise, wegen einiger Personalentscheidungen, wegen seiner Herkunft (ist das nicht peinlich für den Club, uns Fans, die deutsche Presse, unser vermeintlich inzwischen doch so weltoffenes Land?), ist es doch mehr als verständlich, daß er hinterfragt, wie gerechtfertigt diese Vorwürfe sind, ob er selbst mit einer solchen Darstellung leben kann, ob er es dem Verein zumuten möchte, derartig kritisiert zu werden, ob er Dinge ändern möchte oder eben nicht. Wieso soll er Thomas Müller nicht auswechseln dürfen, wenn der 80 Minuten schwach gespielt hat? Wieso soll er Mario Götze spielen lassen, wenn er einen anderen Spieler stärker sieht? Wieso soll er den Spielstil, für den er steht und für den er geholt wurde, verraten und ändern?

Und daß Pep Katalane ist, wird er niemals ändern könnten und wollen. Warum auch? Das darf schließlich kein Problem sein. Und wie bereit er war und ist, sich auf Deutschland und die Kultur unseres Landes einzulassen, wie vorbildlich er sich von Anfang an an unser Land angepaßt hat, das zeigt er doch in jeder seiner vom ersten Tag an komplett auf Deutsch abgehaltenen Pressekonferenzen!

Ich hoffe, daß Pep sich am Ende nicht dem Druck der Öffentlichkeit beugt. Die Stimmungsmache hat bei dem einen oder anderen schlichteren Fangemüt offensichtlich bereits funktioniert (und leider sind die schlichteren oftmals die lauteren Fans...). Es wäre extrem schade und ein Armutszeugnis, wenn die deutsche Presse es am Ende schaffen würde, einen Welttrainer zu vergraulen, der in jedem anderen Land mit Kußhand genommen würde, der sich für Deutschland entschieden hat, obwohl wir selber ja eigentlich keine besonders hohe Meinung von unserer Liga haben und immer wieder darauf verweisen, daß andere Ligen doch bitte stärker seien. Wenn Pep geht, wird die Weltöffentlichkeit seinem Wirken bei seinem nächsten Verein folgen, und die Bundesliga wird dann vielleicht tatsächlich wieder an Aufmerksamkeit verlieren und die bescheidenere Rolle spielen, die wir ihr ja offenbar auch nur zutrauen...

Besonders ein Möchtegern-Journalist – wenn er doch wenigstens ein echter wäre – hat sich bei dieser Hetze zuletzt hervorgetan, und ich verstehe nicht, warum der nicht endlich Hausverbot beim FC Bayern bekommt. Ich verstehe seine Intentionen bis heute nicht, aber wahrscheinlich ist er einfach zu schlicht im Geist und versteht zu wenig von Fußball, um die Art von Fragen stellen zu können, die Pep schätzt und bei deren Beantwortung er aufblüht. Fragen zum Fußball nämlich. Stattdessen hält er sich an die boulevardesken Themen, die seinem eigentlichen Dasein als Fan vermutlich sowieso am ehesten entsprechen. Es wäre eine Katastrophe, wenn jemand wie er am Ende Einfluß auf Peps Entscheidung haben würde!

Ach Uli, ich vermisse Dich! Uli Hoeneß hätte in seinen besten Zeiten sicherlich schon vor Wochen oder Monaten dazwischengehauen, sich eindeutig und demonstrativ vor den Trainer gestellt und die Presse zurechtgewiesen!

Ich hoffe noch immer, daß Pep über 2016 hinaus bleibt. Falls nicht, hoffe ich, daß für seine Entscheidung nur rein sportliche und private Gründe eine Rolle spielen und nicht eine auffällig wie selten gesteuerte und manipulierte angebliche öffentliche Meinung. Die allerdings gerade schon wieder etwas zu kippen scheint; offenbar würden die Medien schon gerne auch noch in den nächsten Jahren über Pep berichten können, wären dann halt doch doof, wenn er ginge, was?

So, das war jetzt viel zu lang und viel zu emotional. Aber das mußte ich einfach mal loswerden! Und hier darf ich das ja zum Glück und merke gar nicht, ob sich jemand darüber ärgert. Das hat was...

Permalink





... ältere Einträge